Lohnuntergrenzen sind keine Lohnempfehlungen! - d. h. sie sind nicht der anzustrebende gute Zustand, sondern die aus Sicht der Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland unterste Grenze, bei der eine fachlich wie ethisch vertretbare Archäologie gerade noch machbar ist. Diese Lohnuntergrenzen werden – jährlich neu – zwischen dem AK Arbeitnehmer:innen und dem AK Archäologiefirmen ausgehandelt und dann der Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland vorgelegt und ggf. von dieser angenommen. Diese Lohnuntergrenzen beziehen sich auf ein sozialversichertes monatliches Festgehalt; sie sind nicht anwendbar auf Stundensätze in werkvertragsähnlichen Beschäftigungsverhältnissen, die deutlich höher ausfallen müssten.
Der erste Vorschlag von Lohnuntergrenzen wurde im Juni 2021 beschlossen [siehe dort]. Der zweite erfolgte auf Beschluss der Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland am 22. Sept. 2022 und findet sich dort, bzw. als PDF dort.
Die hier dokumentierten Zahlen für 2025 wurden 2024 zwischen dem AK Arbeitnehmer:innen und dem AK Archäologiefirmen ausgehandelt und der Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland am 14. Sept. 2024 vorlegt, die sie angenommen hat. Danach gelten sie ab 1. Jan. 2025.
Lohnuntergrenzen für die Archäologie in Deutschland - Rev. 2024
Im Einklang mit der CIfA-Stellungnahme „CIfA policy statement on pay in archaeology” (CIfA 2022a) hat sich CIfA Deutschland zum Ziel gesetzt darauf hinzuwirken, dass die „Current salary recommendations“ (CIfA 2022b) des CIfA für Deutschland angepasst und spezifiziert werden. Die CIfA Deutschland Mitgliederversammlung begrüßt und unterstützt den gemeinsamen Prozess von Arbeitnehmer:innen (AK Arbeitnehmer:innen) und Arbeitgeber:innen (AK Archäologiefirmen) über eine Entwicklung von Lohnuntergrenzen sowie die in diesem Papier präsentierten Lohnuntergrenzen. CIfA Deutschland empfiehlt ausdrücklich, dass sich alle Arbeitnehmer:innen sowie deren Vertretungen und alle Arbeitgeber:innen sowie deren Vertretungen dafür einsetzen, dass diese Lohnuntergrenzen eingehalten oder überschritten werden.
Präambel
Der Verhaltenskodex des CIfA (CIfA D 2022a) stellt in § 5.5 klar: „Jedes Mitglied soll in angemessener Weise Sorge für die mit der Beschäftigung in Verbindung stehende soziale Absicherung von Arbeitnehmer:innen, Kolleg:innen und Helfer:innen tragen. Er/sie soll den Empfehlungen des CIfA in Bezug auf Lohn- und Arbeitsverhältnisse nachvollziehbar gründlich erwägen und anstreben, den jeweils empfohlenen Tariflohn zu erreichen bzw. zu überschreiten.“
§ 4.6 der Regularien für die Registrierung von Organisationen (CIfA D 2019) besagt ergänzend: „Es wird erwartet, dass die Organisation ihren Mitarbeitern ein Gehalt zahlt, das nicht weniger als die Mindestgehaltsempfehlungen der CIfA (die jährlich vom Institut veröffentlicht werden) beträgt und im Einklang mit Abschnitt 5.5 des Verhaltenskodex steht. Das Komitee für Registrierte Organisationen wird wahrscheinlich um weitere Klärung bitten, wenn Organisationen dies nicht erfüllen. Es kann Registrierungsanträge von Organisationen annehmen, die dies nicht erfüllen können, wenn es der Auffassung ist, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.“
Mit ihrer Gründung 2018 hat sich die Regionalgruppe CIfA Deutschland zunächst an den Lohnuntergrenzen von CIfA orientiert. Ob der großen Unterschiede in den Steuer- und Versicherungssystemen und den allgemeinen Lebensverhältnissen zwischen jenen Ländern, in denen CIfA tätig ist, beschließt die MV CIfA Deutschland ab 2021 Forderungen für Lohnuntergrenzen und Randbedingungen spezifisch für Deutschland. Die Arbeitskreise der Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen diskutieren jährlich über die Anpassung der Lohnuntergrenzen.
Die Ausgangspunkte für den Beschluss dieser Zahlen durch die MV 2021 waren:
- (a) die „CIfA-Umfrage zu Lohnuntergrenzen in der privatwirtschaftlichen Archäologie“ vom Frühjahr 2020, welche die gemeinsamen Zielvorstellungen von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen ermittelte (Schauer, Mietz & Schneider, 2020) [Die Teilnahme an der Umfrage war unabhängig von einer CIfA-Mitgliedschaft. Mehr als 250 in der deutschen Archäologie berufstätige Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen beteiligten sich. Die Umfrage zeigte, dass sich die Vorstellungen der Höhe der Lohnuntergrenzen der beiden Parteien nur geringfügig unterschieden.];
- (b) das DGUF-Monitoring privatwirtschaftliche Archäologie 2020, das den derzeitigen Ist-Zustand aus Arbeitgeber:innensicht ermittelte (Siegmund & Scherzler, 2020) [Ein Drittel aller archäologischen Fachfirmen in Deutschland nahmen an dieser Umfrage teil.];
- (c) die „Evaluation Beruf Archäologie“ (EvaBA 2), mit der die DGUF im Sommer 2019 den Ist-Zustand aus Arbeitnehmer:innensicht ermittelte (Siegmund, Schauer & Scherzler, 2020) [624 in der deutschen Archäologie Berufstätige nahmen an dieser sehr umfangreichen Umfrage teil.];
- und (d) die Verhandlungen zwischen den bei CIfA Deutschland im AK Arbeitnehmer:innen Organisierten und den im AK Archäologiefirmen organisierten Arbeitgeber:innen.
Dabei zeigen (b) & (c) an, wo die deutsche Archäologie im Jahr 2020/21 steht und welche realistischen Möglichkeiten derzeit bestehen, und (a) die aus gemeinsamer Sicht in naher Zukunft zu erreichenden Ziele.
Die bestehende Schere im Jahr 2021 zwischen (b) und (c) als Ist-Zustand und (a) als Soll-Zustand sehen die durch CIfA Deutschland unterstützen Arbeitskreise als Herausforderung, die nur gemeinsam und mit Augenmaß wirtschaftlich tragbar bewältigt werden kann. Daher orientieren sich die 2021 erstmals durch die MV von CIfA Deutschland beschlossenen Lohnuntergrenzen mehr an (b) und (c). Die Arbeitsgruppen streben an, dass der Soll-Zustand in vier Jahren erreicht ist. D.h. ausgehend vom ersten Beschluss auf der MV 2021 in drei Schritten jeweils jährlich durch Arbeitnehmer:innen (ehemals AK Lohnuntergrenzen, jetzt AK Arbeitnehmer:innen) und Arbeitgeber:innen (AK Archäologiefirmen) gemeinschaftlich und mit Augenmaß neu diskutiert und zum Beschluss in den MV 2022, 2023 und 2024 bis zum Jahr 2025 angesetzt werden. Die Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland kann die durch die Arbeitskreise vorgebrachten Änderungen unterstützen (oder ablehnen).
Dieser Prozess ist offen dafür, die hier zu Grunde liegenden vier Verantwortungsgrade von Arbeitnehmer:innen in gemeinsamer Anstrengung der in CIfA D zusammengeschlossenen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen nötigenfalls genauer zu definieren, sie anzupassen und – soweit nötig – weiter zu differenzieren. CIfA Deutschland ermutigt und unterstützt die beteiligten Parteien bei der Durchführung von Umfragen in der deutschen Archäologie, um die Lohnuntergrenzen zu testen, zu verifizieren etc.
§ 1 Begriffsbestimmung
(1) Eine Lohnuntergrenze ist eine Untergrenze, d.h. das Minimum, das als Lohn resp. Gehalt mindestens zu zahlen ist, um ethisch und sozial vertretbar zu sein und nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften zu ermöglichen. Wir begrüßen es sehr, wenn Arbeitgeber:innen z.B. im Zuge von Betriebsvereinbarungen ihren Mitarbeiter:innen im Kollektiv höhere Löhne und Gehälter zahlen und/oder besondere Fähigkeiten oder Leistungen individuell zusätzlich honorieren (siehe auch CIfA D 2021; 2022b).
(2) Die Einteilung der Lohnuntergrenzen orientiert sich an den CIfA-Akkreditierungsgraden. Dementsprechend werden vier Stufen definiert, wobei die niedrigste Stufe einer Person ohne die Qualifikationen im Sinne eines CIfA-Grades entspricht. Um in eine Lohngruppe ein kategorisiert zu werden, muss die Person nicht die CIfA-Akkreditierung vorweisen, sondern die dementsprechenden Qualifikationen haben. Außerdem muss die bekleidete Stelle die Anforderungen dieses CIfA-Grades genügen.
Die Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Voraussetzungen und Verantwortlichkeiten je Stufe. Die Tabelle ist dabei ein Hilfsmittel und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jede Firma kann (und soll) die Tabelle ihrem System anpassen; dies gilt insbesondere für die vierte Spalte (Beispiel der Positionsbenennung). Ausgangspunkt der Stufendefinition ist dabei die Kompetenzmatrix des CIfA (siehe dort).
Stufe | CIfA-Grade | Voraussetzungen | Verantwortung | Beispiel der Positionsbenennung |
1 | ohne | keine |
Arbeit unter Anleitung, keine Verantwortungsübernahme |
Hilfskraft (auch studentisch), Grabungsarbeiter:innen |
2 | PCIfA | Grabungserfahrung, Sach- und Fachkenntnisse, flexible Einsatzmöglichkeit | Eigenverantwortliches Arbeiten, kann eigene Arbeit selbst koordinieren | Grabungsfacharbeiter:innen, Assistenz |
3 | ACIfA | einschlägige Grabungserfahrung, solide technische Kenntnisse, Erfüllen der vorgegebenen Voraussetzungen für die jeweilige Position | Eigenverantwortung und Verantwortung für andere. Einsetzbarkeit in wechselnden Situationen | Grabungstechnik, Schnittleitung, technische Leitung, Grabungsleitung |
4 | MCIfA | In der Regel Studienabschluss, langjährige Grabungserfahrung, Leitungserfahrung, wissenschaftliche und technische Kenntnisse, Führungsqualitäten | Gehobene Verantwortung für sich und andere. Planungsverantwortung, Projektleitungsverantwortung | Projektleitung, Grabungsleitung, Abteilungsleitung |
§ 2 Geltungsbereich
(1) Die hier geforderten Lohnuntergrenzen gelten für alle Beschäftigungsverhältnisse von Firmen der privatwirtschaftlichen Grabungsarchäologie. Ausschlaggebend ist der Einsatzort der Mitarbeiter, unabhängig vom Wohnsitz des Arbeitsnehmers und vom Firmensitz des Arbeitgebers.
(2) CIfA Deutschland legt all seinen Mitgliedern nahe, dass sie selbst – gleich ob arbeitnehmend oder arbeitgebend – stets auf das Einhalten oder Übertreffen dieser Lohnuntergrenzen zu achten. Arbeitnehmer:innen wird stark empfohlen, keine geringer bezahlte Tätigkeit anzunehmen.
(3) CIfA Deutschland fordert von allen Arbeitgeber:innen der privatwirtschaftlichen Grabungsarchäologie das Einhalten dieser Lohnuntergrenzen.
§ 3 Verfahren
(1) Unter dem Dach von CIfA Deutschland haben sich zwei Arbeitsgruppen organisiert – einer für Arbeitnehmer:innen (AK Arbeitnehmer:innen) und einer für Arbeitgeber:innen (AK Archäologiefirmen). Arbeitnehmer:innen wie Arbeitgeber:innen sind herzlich eingeladen, durch eine Mitgliedschaft bei CIfA und ihre Mitwirkung entweder im AK der Arbeitnehmer:innen oder dem AK der Arbeitgeber:innen auf das Ansetzen der Lohnuntergrenzen Einfluss zu nehmen.
(2) Beide AKs einigen sich auf eine gemeinsame Lohnuntergrenze. Die geforderten Lohnuntergrenzen gelten drei Monate zum vollen Monat nach Beschluss durch die MV.
(3) Die Mitgliederversammlung von CIfA Deutschland entscheidet jährlich über die Zustimmung zu diesen Empfehlungen. Bei Zustimmung ermutigt CIfA Deutschland Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen, daran zu arbeiten, diese zu erfüllen oder zu übertreffen.
(4) Alle Handlungen stehen in Übereinstimmung mit den Regularien des CIfA policy statement on pay in archaeology (CIfA 2021a).
§ 4 Lohnuntergrenzen
(1) Die Brutto-Lohnuntergrenzen werden wie folgt gefordert:
- (a) 2.366,18 € /Monat (entspricht 13,65 € /Stunde) für Stufe 1;
- (b) 2.648,19 € /Monat (entspricht 15,28 € /Stunde) für Stufe 2;
- (c) 3.270,37 € /Monat (entspricht 18,87 € /Stunde) für Stufe 3;
- (d) 3.600,82 € /Monat (entspricht 20,77 € /Stunde) für Stufe 4.
Die Monatsgehälter sind auf eine 40-Stunden-Woche ausgelegt. Der Stundenlohn berechnet sich durch folgende Formel: Stundenlohn = 3 x Monatsgehalt / 13 / wöchentliche Arbeitsstunden.
[ Die Erhöhung von 2024 auf 2025 entspricht in Stufe 1: 10,0 %, in den Stufen 2 bis 4: 7,5 %. ]
(2) Der Urlaubsanspruch der Angestellten in einer 5-Tage-Woche wird von den gesetzlich vorgegebenen 20 Tagen auf 25 Tage angehoben.
(3) Den Angestellten ist bis Ende 2024 ein steuerfreier Inflationsausgleich von 1200 € bei einer Anstellung mit 40-Wochen-Stunden zu leisten. Dies ist bei kann niedrigerer Wochenstundenzahl anteilig reduziert werden.
(4) Auf Mitarbeiterkonzepte über Werkvertrag sollte verzichtet werden. Selbständige sind angehalten, ihre Honorare auskömmlich zu kalkulieren und anzubieten (vgl. hierzu auch Näth, 2020).
§ 5 Praktikanten:innen
(1) Die Entlohnung für Praktika unterliegt grundsätzlich den gesetzlichen Regelungen.
(2) Bei langfristigen Praktika (in der Regel über 3 Monate) ist mindestens der Lohn für Stufe 1 (vgl. die Tabelle in § 1) zu entrichten. Bei kürzeren Praktika ist eine Aufwandsentschädigung in der Regel angebracht.
(3) Bei Praktika muss erkennbar sein, dass das Lernen im Vordergrund steht.
Stand: 14. Sept. 2024